Drei Diskutanten und ein Moderator bei der Podiumsdiskussion von "Was glaubst du?" am 13.04.2019 Foto: Dietmar Päschel

Adventistische Zukunft mit Innovation, dem ganzen Menschen, weniger Institution und mehr offenen Fragen?

Ein Rückblick auf „Was glaubst du? – Erster Teil “ in Berlin-Zehlendorf

„Meine aktuelle Antwort lautet: Weil das Gras woanders auch nicht grüner ist.“ Kerstin, eine der drei ReferentInnen bei „Was glaubst du?“ am 13. April 2019, antwortet auf ihre selbstgestellte Frage, warum sie Adventist sei. Dann fügt sie an: „Das wäre mir früher wahrscheinlich viel zu wenig gewesen. Da waren mir Wahrheitsaspekte viel wichtiger.“

Neben Kerstin tragen David und Matthias auf dem Podium ihre Impulsreferate vor, was für sie „adventistische Identität“ in Zukunft ausmachen könnte. Alle drei sind sie irgendwas über dreißig, engagierte Gemeindeglieder in verschiedenen Berliner Adventgemeinden und sie verbindet, dass niemand von ihnen in einer adventistischen Familie aufgewachsen ist.


Drei unterschiedliche Wege

Zu Beginn ihrer Referate bieten alle einen kurzen Einblick, wie es bei Ihnen dazu kam, dass sie Mitglieder der „Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten“ geworden sind.

Da ist der eine, der sich inhaltlich mit den offiziellen Glaubensüberzeugungen und verschiedenen Grundlagen auseinandersetzt, sich übers Internet informiert und erst nach dieser Beschäftigung gezielt eine adventistische Ortsgemeinde aufsucht. Dort stellt er fest, dass er die adventistische Theorie liebt, aber bei manchem Gemeindeglied sich mehr Begeisterung für diese Theorie wünschen würde.

Und es gibt den anderen, der sich wegen seiner sozialen Kontakte das erste Mal in einer adventistischen Ortsgemeinde wiederfindet. Und als er sich dann später für eine Taufe entscheidet und vom Gemeindeausschuss gefragt wird, ob er zu den (damals noch) 27 Glaubenspunkten steht, da kann er nicht voll und ganz zustimmen. Auf die Frage „akzeptierst du Ellen White als Prophetin?“ antwortet er: „Das kann ich schlecht beurteilen, weil ich da nicht dabei war. Aber der Punkt ist für mich auch nicht so wichtig.“

Antworten durch Technik, Theologie und Strukturveränderungen

Am Nachmittag des 13. April wird es auf dem Podium der Adventgemeinde Berlin-Zehlendorf nicht wirklich kontrovers. Ein Grund für so viel Harmonie mag an den sehr unterschiedlichen Herangehensweisen an die Thematik liegen.

David blickt auf Techniken der Inhaltsvermittlung. Er wirbt mit seinem Impuls für eine Hinwendung zu Innovation. Darin sieht er eine Rückbesinnung auf adventistischen Pioniergeist. Die Begeisterung für neue Technik und fortschrittliche Erkenntnisse sei ein Grund für die aufstrebende Entwicklung der Adventisten im 19.  und frühen 20. Jahrhundert gewesen und sollte heute wieder neu entfacht werden. Technische Hilfsmittel könnten zur Verbreitung von guten als adventistisch empfunden Erkenntnissen dienen.

Von theologischem Denken ist der Ansatz geprägt, den Kerstin präsentiert. Ihre Schlagworte sind „Sabbat, Auferstehung, Wiederkunft“. Den Sabbat möchte sie dabei „als Hilfestellung und nicht als Abgrenzung zu anderen“ verstehen. Der aus dem Judentum stammende Ruhetag biete die Möglichkeit einmal pro Woche eine Haltung einzuüben, die nach und nach auch die ganze Woche durchdringen sollte. Dabei ließe sich einüben „keine Vorurteile, keine Schranken, keine Probezeit für niemanden zu haben, mit dem ich persönlich zu tun habe.“ Mit der Herausstellung der leiblichen Wiederkunft von Jesus Christus und der Hoffnung auf eine Auferstehung der Toten verbindet Kerstin, dass es im Leben um den Einsatz für den ganzen Menschen mit seinem ganzen Körper und allen seinen Bedürfnissen gehe. In diesen Schlagworten steckt für sie der Ansporn, sich gegen „Rassismus, Sexismus, Mobbing, angsterfüllte Strukturen und […] alles Lebensfeindliche“ einzusetzen.

Matthias blickt vor allem auf die Strukturen der Freikirche. Er sagt: „Mich haben die ersten 50 Jahre der Adventbewegung eigentlich mehr interessiert als die 50 Jahre des 20. Jahrhunderts, als es dann um den Aufbau einer Organisation ging. […]Diese Camp Bewegung mit Evangelisationszelten, wenig Organisationsstrukturen und keinem festen Plan was man am 13. Sabbat im Quartal jetzt genau sammelt.“ Er wünscht sich für die Zukunft mehr Diskussion, mehr Offenheit für Unklarheiten und produktive Auseinandersetzungen darüber. Zudem fordert er junge Menschen in Gestaltungsaufgaben innerhalb der Freikirche zu bringen und flache Hierarchien für mehr Mitbestimmung zu etablieren.

Stimmen zur Veranstaltung

Ungefähr fünfzig Erwachsene und einige Kinder bevölkern die Zuhörerreihen und das Gemeindehaus in Berlin-Zehlendorf. Nach den Referaten gibt es ein Podiumsgespräch mit Zeit für Rückfragen. Im Anschluss bleibt noch ein großer Teil der Besucher beim Büfett zu angeregten Gesprächen zusammen. Die Meinungen über den Nachmittag sind dabei ganz unterschiedlich. Es gibt Begeisterung, Lob, Kritik aber auch Irritation über die Veranstaltung.

Es gab inhaltliche Kritik, u.a. an der Fragestellung nach der Identität. Hätte man nicht besser nach adventistischen Werten gefragt? Nicht jeder Gedanke vom Podium wurde geteilt. So wurde z.B. in Frage gestellt, dass wirklich die jüngeren Menschen Verantwortun in der Kirche übernehmen würden. Das Problem sei nicht der Wille zur Verantwortungsübergabe. Vielmehr sei der Wille zur Übernahme von Verantwortung zu gering.

Zur Form gab es Vorschläge für Verbesserungen: Kürzerer Referate hätten möglicherweise für mehr Pointierung gesorgt. Zum Podiumsgespräch wurde angemerkt, dass es schön gewesen, wenn mehr Zeit für Publikumsfragen gewesen wäre. 

Manch ein Besucher äußert, dass er überhaupt nichts mit dieser Art der Veranstaltung in Struktur und Inhalt anfangen könnte. 

Die positiven Stimmen stellen heraus, dass sie das Gesprächsformat als sehr angenehm empfunden haben. Andere sprechen davon, dass die Vorträge sie teilweise berührt haben und sie sich mit der Veranstaltung auch mit ihrem eigenen Fragen nach der Zukunft dieser Kirche repräsentiert sehen.

Einigkeit herrschte auf jedem Fall bei einem Punkt: Das Büffet, dass die Berlin-Mitteldeutsche Vereinigung möglich gemacht hatte, fand durchweg lobende Worte.

Nachhören

Wer tiefer einsteigen mag, findet auf unsern Seiten und im Podcastplayer unter dem Titel „Adventistika“ (demnächst) einiges vom 13.4. zum Nachhören.

Weiterdenken am 18. Mai 2019

Zeit zum Weiterdenken ist am 18. Mai 2019. Dann findet der zweite Teil der Veranstaltung von „Was glaubst du?“ statt. Wir blicken dann speziell auf Berlin und was Adventisten für und in Berlin in Zukunft sein könnten.

Ort: Adventgemeinde Berlin-Zehlendorf, Gartenstraße 23, 14169 Berlin

Beginn: 16.30 Uhr

Anschließend wieder mit Büffet.

Mehr Zur Veranstaltungsreihe

Zur Übersichtsseite zur Veranstaltungsreihe -> https://heilig.berlin/was-glaubst-du/

Fotos: Dietmar Päschel & Stephan Hartmann

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